DAS MODERNDE MUSIKLABEL: EIN ANGEBOTSUNIVERSUM AUS KREATIVPARTNERSCHAFT, DIGITALEXPERTISE UND MARKENKOMPETENZ
Den Möglichkeiten, die sich Musikerinnen und Musikern heute bieten, sind kaum Grenzen gesetzt. Wer will, kann die eigene Musik in höchster technischer Qualität selbst aufnehmen und produzieren, veröffentlichen und promoten und via Social Media in ständigem direktem Austausch mit den Fans stehen, um die eigene Community auf- und auszubauen. Der für TikTok, Instagram, YouTube, Facebook & Co. jeweils geeignete Content kann selbst produziert werden, mit gängigen ebenso simplen wie erschwinglichen Tools ist eine Druckdatei für einen Merch-Artikel leicht herzustellen und der eigene Shop nur ein paar Klicks entfernt. In der Theorie ist also fast alles DIY.
Zugleich sind auch die Möglichkeiten, Musik unabhängig von Zeit und Ort zu entdecken, zu hören und zu genießen, vielfältiger als je zuvor. Mehr als 70 Millionen Titel sind auf den Online-Plattformen zugänglich, täglich kommen rund 60.000 Songs neu dazu – allein auf einer der großen Plattformen.
Großartige Chancen für alle Beteiligten und eine Entwicklung, die die Rolle der Künstler:innen und die persönliche Beziehung zu ihrem Label im Laufe der letzten zwei Jahrzehnte fundamental neu gestaltet, bereichert und an vielen Stellen auch neu gefestigt hat. Und zwar gerade weil Künstler:innen inzwischen theoretisch alles in Eigenregie tun können. Denn durch den heute quasi barrierefrei zugänglichen Musikmarkt, der potenziell allen offensteht, die über einen Computer mit Internetanschluss verfügen, müssen sich die einzelnen Musikschaffenden immer mehr einfallen lassen, um aufzufallen, ihre Zielgruppe zu erreichen, eine Reichweite aufzubauen und regelmäßig gute Gründe zu liefern, warum Musikfans, Hörerinnen und Hörer gerade ihre Musik auswählen sollten, wo doch noch so viel anderes verfügbar ist.
Das Umfeld ist für Musikschaffende also extrem wettbewerbsintensiv geworden, und es ist als Künstler:in schwieriger denn je, auch längerfristig wahrgenommen zu werden, sich durchzusetzen.
ABB. 11: Musikfirmen heute
Deshalb entscheiden sich die meisten, die musikalisch den professionellen Weg einschlagen wollen, für die Zusammenarbeit mit einem Label als Partner. Das macht ihr Leben leichter. Denn anders als etwa die technischen Möglichkeiten haben sich die Stunden eines Tages nicht vermehrt.
Das Label ist kreativer Partner und Kümmerer mit einer umfassenden Infrastruktur aus Expert:innen in allen Bereichen des Musikgeschäfts, das Musikschaffende mit all den für ihren Erfolg notwendigen Kenntnissen, Werkzeugen und Ressourcen unterstützt. Mit einem umfassenden Service, der je nach Bedarf von der Musikproduktion über Vertrieb, Marketing und Datenmanagement, Kooperationen mit Marken und Brand Partnerships, Vertrags- und andere Rechtsfragen bis zur Buchhaltung reicht (Abb. 11). Künstler:innen können ihn auf ihrem ganz individuellen musikalischen Weg so abrufen, wie sie ihn brauchen, angepasst an den für sie stimmigen persönlichen Mix aus Raum für das kreative Schaffen, eigenem Know-how, vorhandenem Netzwerk und künstlerischen Zielen.
Um etwa die vielfältigen Möglichkeiten des digitalen Marketings sinnvoll und damit erfolgreich einzusetzen, sind nicht nur Kenntnisse der spezifischen Mechanismen der einzelnen Plattformen erforderlich, sondern auch Erfahrungswissen über ein strategisch kluges Zusammenspiel der verschiedenen Kanäle. Sich all dies neben Songwriting, Studiozeiten und Konzerten anzueignen, ist für aktive Musiker:innen vielleicht möglich, es erfordert aber ebenso Zeit wie beispielsweise die operative Umsetzung von Kampagnen. Wer in der digitalen Nutzungswelt Geld mit Musik verdienen möchte, sollte außerdem etwas vom Handel mit Rechten verstehen. Die digitale Lieferkette ist komplex und erfordert spezialisierte Lizenzierungsteams sowie Datenmanagement und Buchhaltung in einem enorm gestiegenen Umfang.
Labels können Musikerinnen und Musiker mit umfangreicher Erfahrung und mit ihrem Fachwissen bei der Entwicklung und Umsetzung maßgeschneiderter globaler Kampagnen unterstützen. Kontinuierliche Marktbeobachtung und Auswertung von Daten und Interaktionen versetzen sie in die Lage, die Aktivitäten und Inhalte ihrer Artists bestmöglich auf die die sich ständig weiterentwickelnden Nutzungslandschaften abzustimmen. Vom Metaverse bis zu In-Game-Content sondieren die Firmen und investieren in immer wieder neue Möglichkeiten und Räume für Künstler:innen, die Begegnung mit ihren Fans und die Wahrnehmung der eigenen Kunst.
Aktuell haben Short-Video-Plattformen wie TikTok, Snapchat, Instagram Reels und YouTube Shorts für Musik außerordentlich an Bedeutung gewonnen. Allein die Reichweite der TikTok-App hat sich zwischen 2019 und 2021 weltweit verzehnfacht. 60 Prozent der 16- bis 19-Jährigen in 21 führenden Musikmärkten geben laut einer aktuellen Umfrage von IFPI an [1], neue Musik vor allem auf Short-Video-Plattformen zu entdecken, für 62 Prozent der Befragten ist Musik das, was sie an TikTok am meisten schätzen. Und 68 Prozent der Zeit, die die Nutzer:innen mit Short-Video-Apps verbringen, entfallen auf musikbasierte Videos wie Lippensynchronisation und Tanzwettbewerbe. Gleichzeitig bleiben auch die anderen Social-Media-Plattformen hochrelevant für Musiker:innen, die wiederum ihrerseits maßgeblichen Anteil daran haben, dass soziale Medien für Nutzerinnen und Nutzer so attraktiv sind und bleiben – die Profile von Musiker:innen gehören zu den weltweit beliebtesten (Abb. 14).
ABB. 14: Weltweit erfolgreichste Social-Media-Profile, YouTube-Videos und Songs auf TikTok
INVESTITION IN NEUE TALENTE
Jedes Jahr (vgl. „Powering the Music Eco System“, IFPI, 2020, und Abb. 12) investiert die Branche weltweit 5,8 Milliarden US-Dollar, ein Drittel ihrer Einnahmen, in den künstlerischen Nachwuchs. Davon fließen 4,1 Milliarden US-Dollar in das Entdecken und Entwickeln neuer Talente, die übrigen 1,7 Milliarden US-Dollar in Marketing und Promotion (Abb. 12).
Einzuschätzen, wer das Zeug hat, künstlerisch und als Persönlichkeit zu überzeugen und ein Publikum zu finden, ist eine der Kernkompetenzen von Musiklabels, die auch in der Big-Data-Ära nicht durch Algorithmen ersetzt werden kann. Denn erst gepaart mit Markt- und Menschenkenntnis und dem nötigen Fachwissen, die Daten richtig zu interpretieren und die richtigen Schlüsse aus ihnen zu ziehen, können diese im Musikgeschäft genutzt werden.
ABB. 12: Musikfirmen - der Motor des Musik-Ökosystems
Aller Expertise zum Trotz sind diese Investitionen aber immer nur eine Wette auf den Erfolg und bleiben ein Wagnis. Denn ob ein Künstler, eine Künstlerin die Vorschüsse und die Studiokosten, den Aufwand für Marketing und für Tour-Supports zur Vergrößerung der Fanbase wieder einspielt, ist nicht vorhersagbar. Trotzdem sind die Labels unermüdlich auf der Suche und sorgen damit Jahr für Jahr für eine außerordentlich große künstlerische Vielfalt.
Die größten Musikfirmen in Deutschland sind (in alphabetischer Folge) Sony Music, Universal Music und Warner Music, gefolgt von (ebenfalls in alphabetischer Folge) 375 Media, Believe/GoodToGo, Bertus, BMG, DistroKid, Edel/Kontor, iGroove AG, Naxos, PIAS, Recordjet, Tonpool und Zebralution (Abb. 13).