KONTAKT
Zur Präventionsarbeit der Themis-Vertrauensstelle
Kurz-Interview mit Lea Maria Breuer
Im Rahmen des Webinars „Themis für Arbeitgebende | Q&A Musikwirtschaft" gab es im Mai für Mitglieder von BDKV, VUT und BVMI fundierten Input zur Prävention von sexueller Belästigung und Gewalt in Unternehmen von Lea Maria Breuer, als Volljuristin und Referentin bei der Themis Vertrauensstelle zuständig für den Musikbereich. Für alle diejenigen, die nicht dabei sein konnten, beantwortet sie die wichtigsten Fragen hier noch einmal im Newsletter:
Wie sieht ein Beratungsfall in der Regel aus, was passiert ab dem Moment, in dem sich eine Person bei Euch meldet, sei es am Telefon, sei es per Mail?
Wir sind zum einem montags bis donnerstags für Terminvereinbarungen erreichbar. In der Terminvereinbarung erklärt die Kollegin den Beratungsrahmen und erfragt auch, ob primär juristische oder psychologische Beratung gewünscht wird. Sie kann für die Person dann einen entsprechenden Termin bei uns Beraterinnen vereinbaren. Beratung ist sowohl in einem digitalen Gespräch möglich, als auch erstmal nur telefonisch. Diese beiden Varianten machen den Großteil unserer Beratungsgespräche aus. Für Ratsuchende, die in Berlin leben, sind auch Termine in unseren Räumlichkeiten möglich.
Während unseren Hotline-Zeiten erreichen Ratsuchende entweder eine Psychologin oder eine Juristin. In den Gesprächen eruieren wir zunächst, was Thema und Ziel der Beratung ist und wie wir die Person unterstützen können. Dies kann ganz unterschiedlich aussehen, von einem entlastenden Gespräch über Informationen zu rechtlichen Handlungsoptionen bei sexueller Belästigung bis hin zu konkreten Anfragen zum Aufbau einer Beschwerdestelle in Unternehmen ist alles möglich. Manchmal bleibt es lediglich bei ein bis zwei Beratungsgesprächen. Manche Klient*innen beraten wir über einen längeren Zeitraum. Wenn es um sexualisierte Belästigung oder sexuelle Gewalt am Arbeitsplatz geht und dies der Wunsch der betroffenen Person ist, können wir in ihrem Auftrag bei den Arbeitgebenden Beschwerde erheben.
Besteht die Möglichkeit einer AGG-Beschwerde wegen sexualisierter Belästigung oder Gewalt im Arbeitskontext und möchte die ratsuchende Person diesen rechtlichen Weg für sich nutzen, können wir für sie die Beschwerde professionalisiert schreiben und an die zuständige Stelle im Unternehmen weiterleiten. Hierbei verstehen wir uns als parteiliche Mittlerinnen zwischen Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen. Die Kommunikationsübernahme durch eine dritte, juristisch geschulte Person kann eine große Entlastung für Arbeitnehmer*innen darstellen und wir konnten hierbei schon viel erreichen für unsere Klient*innen.
Die Präventionsarbeit ist neben der Beratung von Betroffenen eine wichtige Rolle – was bietet die Themis ihren Mitgliedern hier konkret an, wie sehen Präventionskurse für Unternehmen inhaltlich aus und wie läuft es praktisch ab?
Wir haben Präventionsangebote in ganz verschiedenen Formaten. Beratungen von bis zu zwei Personen zu präventiven Inhalten, sowohl juristisch als auch psychologisch, sind kostenlos möglich. Coaching-Formate (für drei bis fünf Personen) und Webinare (bis 20 Personen) vermitteln vertiefte Kenntnisse und sind teilweise ganztägig. Coachings und Webinare sind kostenpflichtig. Alle unsere Präventionsangebote sind interaktiv gestaltet, sodass man möglichst viel draus mitnimmt. Sie sind vor allem dann sinnvoll, wenn ein Unternehmen mehrere Führungskräfte oder Mitarbeiter*innen zeitgleich schulen möchte. Die Nachfrage ist allerdings so groß, dass Termine möglichst ein halbes Jahr vorher angefragt werden müssen. Wir haben leider nicht so viele Kapazitäten wie Anfragen.
Wie hat sich das Interesse der Firmen an der Präventionsarbeit in den vergangenen Jahren entwickelt – und wie, seit die Verbände der Musikwirtschaft im Januar 2022 dazugekommen sind?
In den letzten Jahren ist das Bewusstsein dafür größer geworden, dass Diskriminierung am Arbeitsplatz auch einen Wirtschaftsfaktor darstellt. Wenn Mitarbeiter*innen grundsätzlich das Gefühl haben, dass sie vor Grenzüberschreitungen am Arbeitsplatz geschützt sind, steigert dies auch die Identifikation mit dem Unternehmen und man bringt sich aktiver ein. Dies hat zur Folge, dass die Arbeitsmotivation nachhaltiger anhält und in der Folge natürlich auch bessere Ergebnisse und Projekte auf die Beine gestellt werden können. Seit 2022 beraten wir präventiv hierzu auch einige Musikunternehmen, große wie kleine.
Mehr zur Kooperation:
Das Webinar „Themis für Arbeitgebende | Q&A Musikwirtschaft" ist ein Angebot der Partnerverbände BVMI, BDKV und VUT in Kooperation mit der Themis Vertrauensstelle gegen sexuelle Belästigung in der Kultur- und Medienbranche, das sich an Arbeitgebende in der Musikwirtschaft richtet, die sich für die Prävention von sexueller Belästigung und Gewalt in ihrem Unternehmen interessieren. Mit dem Webinar gehen BVMI, BDKV, VUT und Themis den nächsten Schritt bei der Intensivierung ihrer langjährigen Kooperation.
Seit Juli 2023 steht Lea Maria Breuer Mitarbeitenden der Musikwirtschaft in einer exklusiven monatlichen Telefonsprechstunde zur Verfügung. Hiermit wurde ein weiteres niedrigschwelliges Angebot etabliert, das sich ebenso an Betroffene wie an Beobachtende oder Arbeitgebende richtet und konkrete Handlungsempfehlungen und Unterstützung bietet. Mit dem Webinar wird nun ergänzend dazu eine umfassende, kompakte Info-Session veranstaltet.
Gegründet wurde die Themis 2018. Seither wurden rund 845 Fälle (Stand Mai 2023) sexueller Belästigung gemeldet. Es fanden über 2.000 Beratungsgespräche statt. 90% der Ratsuchenden waren Frauen. Der BVMI gehört seit dem 1. Januar 2022 zu den Mitgliedsverbänden der Themis Vertrauensstelle.