KONTAKT
Pinc Music
Im aktuellen „Featured"-Beitrag stellt Initiator und Projektleiter Thorsten Hesse die musikalische Inklusionsinitiative Pinc Music vor.
Pinc Music engagiert sich für eine inklusivere Musikbranche, besonders im Live-Bereich. Wie kam dieses Projekt zustande und wie kann man sich die Arbeit / das Wirken von Pinc Music vorstellen?
Das Projekt ist beim Verein Handiclapped – Kultur Barrierefrei e.V. entstanden. Handiclapped hat seit 2008 über 350 Konzerte mit Musiker:innen mit und ohne Behinderung veranstaltet. Dadurch haben wir viele grandiose Bands kennengelernt, unterschiedlichste Musikstile, Besetzungen, von Punk bis Klassik und aus allen Teilen Deutschlands. Dieser Vielfalt wollen wir Sichtbarkeit geben. Wir sind der Meinung, inklusive Acts bereichern jedes Festival, Konzert, jeden Kongress…
In der Musikindustrie spüren wir jetzt eine größere Offenheit für Diversität. Mit Pinc Music schaffen wir eine Stelle, an der Booker:innen inklusive Bands und Solo-Musiker:innen mit Behinderung finden. Über ein barrierefreies Formular können sich die Acts selbst eintragen. Wir unterstützen wo gewünscht, pflegen die Seite, bewerben sie an Booker:innen und verteilen Infos zu inklusiven Veranstaltungen. Außerdem haben wir für Veranstalter:innen einen Leitfaden für Barrierefreiheit auf Kulturveranstaltungen zusammengestellt.
Welchen Herausforderungen begegnen Sie in den täglichen Bestrebungen, den Live-Bereich inklusiver werden zu lassen? Welche aktuellen Projekte stehen in den kommenden Wochen an oder sind bereits in Bewegung?
Das ist ein breites Thema, zu dem es viele Antworten gibt. Uns geht es vor allen Dingen darum, Veranstalter:innen für das Thema zu sensibilisieren, ihnen zu zeigen, dass Auftritte von inklusiven Acts ein riesiger Mehrwert für sie sind. Eine Herausforderung ist, dass sich die Magie der Auftritte vor allen Dingen durch das gemeinsame Live-Erlebnis erschließt und schwierig in Worte fassen lässt. Auch landen wir schnell beim Thema Barrierefreiheit. Barrieren in der Kommunikation und um die Bühnen sind nach wie vor ein Problem. Da besteht viel Verbesserungsbedarf. Wir sind aber auch der Meinung, dass auf jeder Bühne ein inklusiver Act auftreten kann. Wieso sollen nicht z.B. Musiker:innen mit kognitiven Beeinträchtigungen in Räumlichkeiten spielen, die nur über Treppen zu erreichen sind? Am größten sind die Barrieren in den Köpfen. Die können wir durch gemeinsame Erlebnisse abbauen.
Einige Veranstalter:innen haben Angst, etwas falsch zu machen und dann eins auf die Mütze zu bekommen. Deshalb machen sie nix und das ist das schlechteste Ergebnis. Wir ermutigen alle lieber etwas als gar nichts für Inklusion zu tun und zwar konkret nicht nur für das Publikum, sondern auch auf der Bühne und im Team.
Eine weitere Herausforderung: Auftritte organisieren geht nicht von heute auf morgen. Auch wenn erste Festivals und Veranstalter:innen im Boot sind, in der Breite wird das frühestens 2024 in den Programmen ankommen. Da brauchen alle Geduld und Durchhaltevermögen. Weitere Aktivitäten: Wir sammeln weitere Acts für Pinc Music, von derzeit über 70 wollen wir auf über 100 kommen. Alle drei Monate bieten wir ein Online-Treffen an, bei dem sich verschiedene Bands austauschen. Allen steht die Teilnahme offen. Gerade haben wir eine Seite online gebracht, auf der wir die Konzertorte listen, die inklusiven Acts eine Bühne bieten. Sie bekommen ein Abzeichen „Inklusiver Konzertort“ von uns. Da stehen wir noch am Anfang.
Welche Unterstützung erfahren Projekte wie Pinc Music seitens der Landes- und Bundespolitik? Ist die Förderung in der Musikbranche auf Inklusionsprojekte wie Pinc Music ausgelegt?
Pinc Music wurde durch eine Förderung im Programm NEUSTART KULTUR, im Programmteil KULTUR.GEMEINSCHAFTEN, aus Mitteln der BKM und Kulturstiftung der Länder ermöglicht. Momentan werden wir durch eine Infrastrukturförderung der BKM durch die Initiative Musik unterstützt. Wir sind sehr dankbar für diese Förderungen. Anders wäre Pinc Music in dieser Form nicht umzusetzen. Die große Herausforderung: Wie können wir die Plattform langfristig betreiben, wie die Vermittlungsarbeit und die vielen Ideen finanzieren, die aus unserer Sicht einen großen gesellschaftlichen Impact haben können.
Auch bei Förderprogrammen gibt es Verbesserungspotenzial, u.a. könnten alle ein extra Budget für Barrierefreiheit-Maßnahmen ausschreiben! Das könnte viel bewegen.
Die Initiative Musik hatte 2022 ein Hilfsprogramm für Musiker:innen mit Behinderung aufgelegt und damit viele Bands und Musiker:innen direkt unterstützt. Das war fantastisch und schreit nach Wiederholung, gern mit uns zusammen.
Wie können Interessierte Pinc Music und die Pinc Music-Ziele unterstützen? Gibt es konkrete Kooperationsmöglichkeiten für verschiedene Player in der Musikbranche, wie zum Beispiel Labels?
Jede Hilfe bei der Vermittlung von Acts ist willkommen! Wir haben erste Partner:innen, die uns unterstützen, u.a. die Berlin Music Commission, den Memo-Media Verlag, und das Future of Festivals. Ein wichtiger Partner ist MusicTech Germany, der Bundesverband für Musiktechnologie, der uns bei einfach allem unterstützt.
Für 2024 planen wir ein Band-Partnerschafts-Programm. Wir sind euphorisch, dass die Spider Murphy Gang, Fools Garden, Claudia Lippmann vom Rundfunk-Tanzorchester Ehrenfeld, Lorena Daum und Tiefenrausch bereits zugesagt haben.
Wir würden Pinc Music Acts gern bei konkreten Projekten helfen, z.B. bei Musikvideos, Musik-Aufnahmen, Probemöglichkeiten, Musik-Workshops, Streaming-Angeboten… Ideen haben wir viele. Im Oktober veranstalten wir einen Fach-Kongress „Live-Musik und Inklusion“. Da werden sich Initiativen aus ganz Deutschland austauschen und weitere Ideen entstehen.
Es gibt viele Möglichkeiten sich mit uns zu engagieren, für unterschiedlichste Partner. Wir laden alle ein, uns einfach zu kontaktieren und mitzumachen, in welchem Umfang auch immer.
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Weitere Informationen zu Pinc Music sowie zur Künstler:innenvermittlung finden Sie auf der offiziellen Webseite unter https://pincmusic.net/ .