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Internetzugangsanbieter und Rechteinhaber gründen unabhängige „Clearingstelle“

Gemeinsame Lösung für den Umgang mit strukturell urheber-rechtsverletzenden Webseiten im Netz

Internetzugangsanbieter und Rechteinhaber in Deutschland haben einen gemeinsamen Verhaltenskodex „Clearingstelle Urheberrecht im Internet“ (CUII) unterzeichnet. Unternehmen und Verbände beider Seiten hatten zu diesem Zweck im Vorfeld ein Verfahren erarbeitet, durch das der Zugang zu sogenannten „strukturell urheberrechtsverletzenden Webseiten“ nun außergerichtlich gesperrt werden kann, wenn die gemeinsam eingerichtete unabhängige Clearingstelle unter Vorsitz eines pensionierten Richters des Bundesgerichtshofes dies empfiehlt und die Bundesnetzagentur (BNetzA) keine Bedenken gemäß der EU-Netzneutralitätsverordnung hat.

Strukturell urheberrechtsverletzende Webseiten sind Webseiten, deren Geschäftsmodell auf massenhafte Urheberrechtsverletzungen ausgerichtet ist. Sie fügen den betroffenen Branchen der Kreativwirtschaft jedes Jahr große wirtschaftliche Schäden zu, indem sie unberechtigt Zugang zu urheberrechtlich geschützten Inhalten verschaffen und dadurch die Nutzung legaler Angebote behindern. Für die Internetzugangsanbieter als bloße Vermittler bietet das Verfahren unter Beteiligung der BNetzA die erforderliche Rechtssicherheit. Außerdem gibt es ihnen die Aussicht auf Rechtsfrieden nach mehr als einem Jahrzehnt an Gerichtsstreitigkeiten zur Frage, unter welchen Voraussetzungen sie verpflichtet sind, urheberrechtliche Netzsperren umzusetzen.

Es sollen ausdrücklich ausschließlich klare Fälle von urheberrechtsverletzenden Webseiten gesperrt werden. Dies betrifft strukturell urheberrechtsverletzende Webseiten, deren Anbieter ein Geschäftsmodell verfolgen, mit dem geschützte Werke wie Kinofilme oder Musikstücke planmäßig und ohne Berechtigung einer hohen Nutzerzahl zugänglich gemacht und damit regelmäßig hohe Werbeerlöse erzielt werden. Eine Sperrungsempfehlung durch die CUII kann nur bei Einstimmigkeit des dreiköpfigen Prüfausschusses erfolgen. Den Vorsitz des Ausschusses haben jeweils renommierte pensionierte Richter des Bundesgerichtshofes, die mit der Materie rechtlich und technisch vertraut sind.

Ähnliche Modelle wie die CUII gibt es in anderen europäischen Ländern bereits. Das europäische Recht verpflichtet die Mitgliedstaaten sicher zu stellen, dass die Rechteinhaber eine Anordnung gegen Internetzugangsanbieter beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zwecks Urheberrechtsverletzung genutzt werden. Der Europäische Gerichtshof hatte bereits im Jahr 2014 geurteilt, dass Sperren von Webseiten ein zulässiges Mittel sind, um Urheberrechtsverletzungen über Internetzugangsanbieter zu unterbinden.

Die Umsetzung einer Sperrempfehlung der CUII erfolgt durch eine sogenannte DNS-Sperre. Der Internetzugangsanbieter leitet die Anfrage der Nutzerinnen und Nutzer auf eine Informationsseite der CUII um, auf der sie Hinweise zur Sperre erhalten. Ein Antrag auf Umsetzung einer DNS-Sperre bei der CUII ist möglich, wenn die Unterbindung der Urheberrechtsverletzung durch die Inanspruchnahme des Betreibers der verletzenden Webseite oder dessen Hosting-Dienstes erfolglos geblieben ist oder erkennbar keine Aussicht auf Erfolg hat.

Zitate:

Der Berliner Rechtsanwalt Jan Bernd Nordemann war Moderator für die Rechteinhaber bei der Gründung der CUII: „Strukturell urheberrechtsverletzende Webseiten gibt es in allen Branchen: Film, Musik, Games, Bücher, Zeitschriften, Sport. Leider kann gegen die Betreiber oft nicht vorgegangen werden, weil sie sich in der Anonymität des Internets gut verstecken. Es bleiben den Rechteinhabern regelmäßig nur Sperransprüche gegen die Internetzugangsanbieter. Die Gründung der CUII ist dabei ein einzigartiger Ansatz: Für die Internetzugangsanbieter gewährleistet die staatlich begleitete Selbstregulierung eine hohe Qualität der Prüfung, auf die sie sich verlassen dürfen. Für die Rechteinhaber ist wichtig, dass sie durch die effiziente Aufstellung der CUII die erforderliche Zahl an Webseiten prüfen lassen können.“

Judith Steinbrecher (Bitkom) war Moderatorin für die Internetzugangsanbieter: „Mit der Gründung der Clearingstelle haben wir gemeinsam einen Weg gefunden, unabhängige, belastbare und gleichzeitig fachlich äußerst hochwertige Entscheidungen zum Umgang mit urheberrechtlichen Sperransprüchen gegen Internetzugangsanbieter zu erhalten. Internetsperren können als Maßnahme gegen Urheberrechtsverletzungen nur die Ultima Ratio sein. Die Internetzugangsanbieter können nicht mehr als eine helfende Hand sein und begrüßen daher die gefundene Lösung.“

Weitere Informationen: https://cuii.info/