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Sigrid Herrenbrück
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Der aktuelle Streamingmarkt: BPI-Geschäftsführer Geoff Taylor bewertet Ergebnisse der CMA-Untersuchung

Erkenntnisse aus der jüngsten Untersuchung des britischen Streamingmarktes sprechen eine klare Sprache für die Chancen aller Musikschaffenden und Partner:innen im heutigen Musikmarkt

Die Debatten um „das Musikstreaming“, die aktuell an vielen Stellen geführt werden, sind vielschichtig und komplex. Für die weitere sachliche Auseinandersetzung erscheint wichtig, die verschiedenen Themenfelder nicht zu vermengen und vor allem auch die Wirkweisen besser zu verstehen, z.B. durch die angekündigte Studie, die vom BKM vergeben wird.

 

Die Central Market Authority (CMA) in Großbritannien hat jüngst eine solche Analyse durchgeführt. Die dortigen Ergebnisse sprechen eine klare Sprache für die Chancen, die sich für Musikunternehmen und auch Künstler:innen im Streaming bieten – gerade in der Kollaboration. Geoff Taylor, CEO unseres britischen Schwesterverbandes British Phonograpihc Industry (BPI), tauschte sich mit uns zum Update der CMA-Untersuchung aus und verortete für uns die Ergebnisse.

 

 

 

Wie bewertet die BPI den vorliegenden CMA-Bericht insgesamt?

 

Die aktuelle Streaming-Debatte ist sehr emotions- und meinungsgeladen, aber oft fehlt es an objektiven Argumenten. Das Update zu Marktstudie der Competitions and Markets Authority CMA (Wettbewerbsbehörde des Vereinigten Königreichs) ist das Ergebnis unabhängiger, sachlicher Analyse und kommt für uns zum richtigen Zeitpunkt. Zusammen mit der sehr detaillierten Studie "Creators Earnings Research", die Anfang des Jahres vom britischen Patent- und Markenamt (IPO) herausgegeben wurde, bietet dieser Bericht eine solide und überzeugende Beweisgrundlage für künftige politische Entscheidungen in Großbritannien.

 

Welches sind die auffälligsten und bemerkenswertesten Ergebnisse des Berichts aus der Sicht des BPI?

 

Erstens belegt der Bericht, dass auf dem Markt ein hoher Wettbewerb herrscht und gute Voraussetzungen für die Konsument:innen bietet. Des Weiteren zeigt der Report auf, dass Künstler:innen heutzutage aus einer Vielfalt von Verträgen und Partner:innen wählen können, um ihre Musik zu veröffentlichen (wenn gewünscht). Das CMA-Update betont, dass das Einkommen der Künstler:innen am gesamten Streaming-Geschäft im Laufe der Zeit und gerade durch den Wettbewerb der Unternehmen erheblich gestiegen ist – die Vertragsbedingungen haben sich zu ihren Gunsten entwickelt. Die CMA wies daneben die Behauptung ausdrücklich zurück, dass Musikunternehmen die Einnahmen für Songwriter:innen künstlich kleingehalten hätten,. Im Laufe der Studie wurden keinerlei Beweise dafür gefunden. Es wurde festgestellt, dass sich auch die Einnahmen der  Songwriter:innen seit 2007 fast verdoppelt haben. 

 

Schließlich weist der Bericht die Behauptung zurück, dass die großen Musikunternehmen übermäßige Gewinne erzielen würden. Es müssten die Investitionen der Musikunternehmen berücksichtigt werden. Jegliche Eingriffe in Branchenverträge, welche nur bestimmten Künstlergruppen zugutekämen, würden wiederum von den Investitionen der Musikunternehmen in neue Talente abgezogen. Dies bedeutet auch, dass möglicherweise Vorschüsse oder Lizenzbedingungen für künftige Künstler:innen sich verschlechtern würden.

 

Insgesamt bestätigt der Bericht, dass das Hauptproblem auf dem Streaming-Markt nicht in einem mangelnden Wettbewerb zwischen den Labels oder DSPs (Digital Service Providers) liege, sondern vielmehr –an dem Überangebot an Musikaufnahmen. Dies führt dazu, dass immer mehr Musikschaffende um einen Anteil an einem relativ klar umgrenzten „Gesamt-Topf“ der Streaming-Einnahmen kämpfen. Der CMA-Bericht und die „Creators Earnings Research“ machen deutlich, dass Musikfirmen nicht die Ursache der Probleme sind, die  Künstler:innen haben. Vielmehr sind sie die besten Partner, die Künstler:innen bei der Bewältigung dieser Herausforderungen haben können: Musikschaffende, die bei einem Label unter Vertrag stehen, haben eine bessere Chance, sich im Getümmel durchzusetzen, und verdienen im Durchschnitt ein Vielfaches mehr als Künstler:innen ohne Vertrag.

 

Können Sie die Bedeutung des CMA-Berichts im Hinblick auf die weiteren Diskussionen über Streaming in Großbritannien erläutern?

 

Natürlich sind die Untersuchungen der CMA formal von der Arbeit der Regierung getrennt. Die Regierung greift auch auf die Empfehlungen des „DCMS Select Committee“ zum Musikstreaming zurück. Die CMA hat ihre Schlussfolgerungen allerdings der Regierung übermittelt und der Bericht hat bereits dazu beigetragen hat, die Debatte neu zu formen,der Regierung ein besseres Verständnis dafür zu vermitteln, wie der Markt funktioniert und welche potenziellen negativen Auswirkungen ein Eingriff haben könnte.

 

Die Debatte um Vergütung von Künstler:innen wird nicht nur in Großbritannien, sondern auch in anderen Ländern auf der ganzen Welt geführt. Welche wichtigen Erkenntnisse aus diesem Bericht und dem Prozess bis zu  seiner Veröffentlichung könnten für andere Regionen relevant sein?

 

Die wichtigste Erkenntnis für mich:eine Debatte in den sozialen Medien mit prominenten und leidenschaftlichen Aktivist:innen lässt sich schwer gewinnen. Oft reicht es, dass aufmerksamkeits-wirksame Behauptungen aufzustellen können ohne diese zu belegen. Natürlich müssen wir alle in dieser Debatte präsent sein. Gerade weil wir mehr Ausgewogenheit in die Diskussion bringen und ein besseres Verständnis erzeugen wollen für den Wert, den Labels zur Kultur- und Kreativwirtschaft – gerade auch im Bereich des Streamings - beitragen. Wir müssen auch den Dialog mit unseren Partner:innen in der Branche intensivieren und versuchen, gemeinsam Wege nach vorne zu finden.

Dabei erfordert das Sammeln und Präsentieren detaillierter, objektiver Daten und verlässlicher Beweise einer großen Anstrengung. Aber es lohnt sich, denn gerade für die Regierung und deren entsprechende Behörden haben diese einen substanziellem Wert. Das führt dann nicht nur zu einer veränderten und objektiveren Wahrnehmung, sondern es ermöglicht wieder solche Themen in den Fokus zu stellen, die dem gemeinsamen Fortschritt im kollektiven Interesse aller dienen. Und nur so lässt sich meiner Meinung nach auch eine  solider Grundlage für einen wertvollen Branchendialog schaffen. 

 

Geoff Taylor ist seit 2007 Chief Executive der British Phonographic Industry, kurz BPI. Der britische Schwesterverband des BVMI, mit Sitz in London, vertritt die Interessen der britischen Musikindustrie auf nationaler und europäischer Ebene.

 

Weitere Informationen zur Arbeit der BPI finden Sie auf der offiziellen BPI-Webseite.